Pressespiegel





Findefux in den Medien


 

23.01.2022  | Radio Bochum


„Frühstück mit Tine Bredendiek“


29.03.2018 | Bild der Frau


„Ich bekam ihn in den Arm gelegt – und es hat Wummmm gemacht“



Von JANA HENSCHEL


Als Medizin und Jugendamt nicht helfen, finden Sandra (44) und Thomas (49) aus Siegen „Findefux“ – Deutschlands einzige private Adoptionsvermittlung. Und werden Eltern des kleinen Keanu.


Neulich war wieder so ein Moment. Der Kleine schlief mit den Armen über den Kopf gestreckt im Bett – daneben Thomas in exakt der gleichen Position. Sandra hätte die Welt umarmen können, als sie ihre „Männer“ so sah. Solche Momente der Liebe gibt es viele, seit Keanu (2) da ist. Sandra kann ihr Glück immer noch kaum fassen. Die kaufmännische Angestellte aus Siegen ist 44 – und endlich Mutter. Es war nicht ihr Lebensplan, so spät eine Familie zu gründen. „Aber ich hab den Mann, mit dem ich mir das vorstellen konnte, erst getroffen, als ich schon 38 war. Und wir fühlten uns ja nicht alt, wollten es versuchen.“ Doch mit fast 40 klappt das Schwangerwerden nicht wie mit 20 – erst recht nicht, wenn man Endometriose hat, eine Wucherung der Gebärmutterschleimhaut. Die Krankenkasse bezuschusst Kinderwunschbehandlungen nur, wenn ein Paar verheiratet und die Frau nicht älter als 40 ist. Als Sandra und Thomas heiraten, ist sie 39, die erste IVFBehandlung kostet 4000 Euro – und scheitert. „Mein Körper produzierte nur zwei Eizellen, keine nistete sich ein.“ Sandra beginnt über Adoption nachzudenken, ruft beim Jugendamt an: „Dort hörte ich nur, dass wir zwei Jahre verheiratet sein müssen und ich zu alt für ein Baby bin.“ Wieder ein Tiefschlag. Sandra gibt nicht auf. Im Internet findet sie Findefux, Deutschlands erste nicht staatliche Adoptionsvermittlungsstelle in Bochum. „Nach der ersten Beratung war ich sehr aufgeregt. Alles klang so unkompliziert.“ Das mehrstufige Eignungsverfahren soll 12 500 Euro kosten – ohne Vermittlungsgarantie. Klingt irrsinnig teuer, ist aber ein üblicher Preis auch bei Auslandsadoptionen. Sandra sieht es pragmatisch: „Das Geld hätten wir für fünf künstliche Befruchtungen auch bezahlt.“ Das Paar reicht ein Exposé ein – samt Fotoalbum. „Wir wären deine Eltern“, „Hier würdest du wohnen“ oder „Das sind unsere Tiere“ steht unter den Bildern. Worte voller Liebe, Bilder eines gepflegten Zuhauses. Es folgen Gespräche, eine Hausbesichtigung, ein Seminar. Das Paar wird in den Bewerberpool aufgenommen. Das Hoffen beginnt.


Hoffen auf ein Kind – das Gefühl kennt Findefux- Gründerin Christine Bredendiek (57) gut. Auch den Schmerz nach missglückten Kinderwunschbehandlungen oder gescheiterten Adoptionsversuchen. Sie kennt diese unerfüllte Sehnsucht – ihre eigene Kinderwunsch- Geschichte ist lang. Die Lehrerin und ihr Mann Rüdiger (59) fanden ihr Familienglück schließlich mit Dustin (heute 17), der ihnen vor 13 Jahren vom Jugendamt vermittelt wurde. Ein Wunsch blieb: Der, anderen Paaren zu helfen, leichter zu adoptieren, als es damals über Jugendämter und Kirche möglich war. 2002 gründen sie Findefux, beginnen ihre ehrenamtliche Arbeit, die heute von zwei angestellten Fachkräften und Ex-Bundestagspräsidenten Norbert Lammert als Schirmherr unterstützt wird. 35 Babys hat Findefux an kinderlose Paare vermittelt, mehr als doppelt so viele Frauen beraten, die ungewollt schwanger wurden, sich überfordert fühlten. Viele konnten sie mit Hilfsangeboten so stärken, dass sie ihr Kind behielten. Anderen halfen sie, Adoptiveltern zu finden, ihrem Kind eine Zukunft in Liebe und Sicherheit zu schenken. Keanus Mutter schlug sich als Alleinerziehende durch, als sie erneut ungeplant schwanger wurde. Christine Bredendiek: „Als sie weinend anrief, hatte sie Angst, nicht für sich und zwei Kinder sorgen zu können.“ Sie wünschte ihrem Baby ein schönes Haus, liebe Eltern … Eine Fachkraft der Adoptionsvermittlung zeigt ihr Exposés von Bewerbern. Keanus Mutter tippt auf das Album von Sandra und Thomas. „Das sollen die Eltern werden.“ Zwei Jahre nach der Bewerbung klingelt Sandras Telefon. Findefux ist dran: „Ihr seid ausgewählt. Die Geburt ist in vier Wochen.“ Da ist Sandra 42 und sprachlos vor Glück. Sie geht mit Thomas Strampler besorgen, auch eine Wickelkommode. Und streicht das kleine Zimmer himmelblau …


März 2016:


Keanu wird geboren. Das Paar wartet im Familienzimmer vom Krankenhaus, als Christine Bredendiek mit dem Baby aus dem Kreißsaal zu ihnen kommt. „Als sie ihn mir in den Arm legte, hat es Wumm gemacht.“ Bei Sandra laufen Tränen, wenn sie erzählt – und bei Christine Bredendiek gleich mit. Keanu legt seine kleine Hand auf Sandras Wange, dreht ihr Gesicht zum Fenster. „Vogel, Mama“, ruft er. Sandra lacht, küsst ihn. „Ja, mein Schatz, ein Vögelchen …“ Über Nacht Mutter! Im Krankenhaus lernt Sandra in drei Tagen von der Kinderkrankenschwester, wie sie wickelt, die Flasche gibt. Scherzt mit dem Babyfotografen, warum sie „schon wieder so schlank ist“: „Die Rückbildungsgymnastik hier ist top!“ Dann fährt sie mit Thomas und Keanu heim. Ein sagenhaftes Gefühl von Wärme, von Glück. Heute sind die drei eine ganz normale Familie, die Adoptionspapiere unterschrieben, Keanu sagt „Mama“ und „Papa“ zu Sandra und Thomas, er trägt ihren Nachnamen – und isst genauso gern Pommes wie sie. Aber was, wenn er eines Tages fragt, ob er in Sandras Bauch war? Sandra wiegt den Jungen im Arm. „Dann werde ich ihm das Schatzkistchen zeigen, das ihm seine leibliche Mutter mitgegeben hat – mit dem Brief und dem Kuscheltier. Ich werde ihm sagen, dass sie uns ausgesucht hat, damit es ihm bei uns gut geht. Und dass wir ihn sooo lieb haben.“



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Die Adoption


DER EXPERTENCHECK


Familienanwalt Rolf Behrentin (52),
Anwalt für Adoptionsrecht aus Köln:


„Bei einer Volladoption nach deutschem Recht wird das Kind ganz aus der Ursprungsfamilie gelöst und in die Adoptivfamilie eingegliedert. Es erhält die gleichen Rechte wie ein leibliches Kind – beim Erbrecht, Unterhaltsrecht und Geschwisterrecht sowie den Nachnamen der Adoptiveltern. Die leiblichen Eltern können nach einer Adoption keine Rechte mehr anmelden, haben anders als bei Pflegekindern auch keinen Anspruch auf Umgang.“
Entwicklungspsychologe


Martin Pinquart von der Universität Marburg:


„Am besten ist es, wenn das Kind vor dem 9. Lebensmonat adoptiert wird – danach bilden sich Bindungsmuster an die Haupbetreuungspersonen
heraus und die Herausnahme aus der Herkunftsfamilie wird schwieriger.“


Familientherapeutin, Fachfrau für Adoptivkinder

und Autorin Irmela Wiemann

 („Herzwurzeln“, Mabuse, 22,95 €):


„Ein Adoptivkind kann die Trauer über das fehlende eigene Kind zwar nicht vollständig heilen. Aber die Eltern lieben ihr angenommenes Kind, und das Kind überträgt durch angeborenes Bindungsverhalten seine Liebe auf die Adoptiveltern. Adoptivfamilien sind so glücklich wie andere Familien auch. Die Eltern sollten aber früh den Verlust der leiblichen Eltern besprechen, das hilft dem Kind.“


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01.11.2017 | www.emotion.de



www.emotion.de/katarzyna-trifft/ploetzlich-mutter-wie-fuehlt-sich-das


Plötzlich Mutter, wie fühlt sich das an?


Von KATARZYNA MOL-WOLF


Nichts inspiriert unsere Chefredakteurin so sehr wie andere Menschen. Diesmal sprach sie mit ihrer Freundin Marta, die längst nicht mehr daran geglaubt hat, dass ihr größter Wunsch in Erfüllung geht – nämlich Mutter zu werden 


Der sehnlichste Wunsch meiner Freundin Marta war es, Mutter zu werden. Nach ihrer Heirat war sie, damals 34, gleich mit Zwillingen schwanger, doch in der zehnten Woche kam es zu einer Fehlgeburt. Für Marta war das der Beginn einer langen Phase des Schwangerwerden-Wollens. Als unzählige Versuche einer künstlichen Befruchtung gescheitert waren, entschlossen sie sich, ein Kind zu adoptieren und begannen mit ihrer Adoptionsbewerbung. Erst als sie nach insgesamt acht Jahren die Hoffnung schon aufgegeben hatten, kam der entscheidende Anruf. Wir sprachen über das Gefühl, so plötzlich Mutter zu werden...


Katarzyna Mol-Wolf: War Adoption für Euch von Beginn an ein möglicher Weg Eltern zu werden? 

Marta: Ich glaube, niemand entscheidet sich sofort für eine Adoption, wenn er nicht weiß, ob er nicht auch so schwanger werden kann. Allerdings hatten wir schnell das Gefühl, dass für uns auch eine Adoption eine Option wäre. Uns war nicht wichtig, ein Kind zu haben, um ein Abbild von uns darin zu sehen. Uns ging es darum, mit einem Menschen eine Familie zu gründen, dem wir unsere Werte übermitteln, unsere Vorstellung vom Leben mitgeben können, um aus ihm hoffentlich einen glücklichen Menschen zu machen. Und dazu brauchten wir keine leiblichen Kinder.

Ihr habt lange versucht, ein Kind aus Südamerika zu adoptieren, was schließlich an der Bürokratie gescheitert ist. Trotzdem habt Ihr nicht aufgegeben... 


Nein, irgendwie sind wir Glückskinder. Ein Bekannter meines Mannes machte uns auf den Trägerverein Findefux in Bochum aufmerksam, der ungewollt Schwangere betreut und gewissermaßen als ultima ratio eben auch Adoptivkinder vermittelt. Wir dachten, das machen wir noch. Fühlten uns bei Findefux gleich geborgen, viel vertrauter als beim Jugendamt. Aber auch hier mussten wir zunächst wieder Unterlagen sammeln und ein Exposee über uns erstellen – den wichtigsten Salesfolder unseres Lebens! Findefux schlägt Müttern, die ein Kind abgeben und bei der Auswahl der Adoptiveltern mitbestimmen wollen, zwei in Frage kommende Elternpaare vor. Die Mutter wählt dann das Paar aus, das ihre Erwartungen an die künftigen Eltern ihres Kindes am besten erfüllt. Daher war auch nicht so wichtig, dass ich schon 42 war. Als neun Monate lang wieder nichts passierte, entschieden wir uns, unseren Kinderwunsch endgültig zu begraben. Wir bestätigten einander, dass wir auch ohne Kind glücklich sein würden. Spürten, dass wir die Zeichen, dass es wohl nicht sein sollte, endlich akzeptieren mussten. Wollten wieder mehr Fernreisen machen und starteten nach Tokio, um einen Freund zu besuchen.


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Trägerverein Findefux


Findefux ist 24 Std. täglich über die 0800-Notrufnummer oder per mail unter adoption@findefux.org zu erreichen. Um einen kleinen Eindruck der Arbeit zu erhalten, sind unter www.findefux.org Berichte von Adoptivfamilien und Ratsuchenden zu lesen. Findefux sucht dringend weitere Adoptionsbewerber-Paare, die am (kostenpflichtigen) Überprüfungsverfahren teilnehmen wollen – siehe www.findefux.org! 


2016 startete Findefux die Arbeit als erste und immer noch einzige Beratungs- und Adoptionsvermittlungsstelle in Deutschland, die weder einen kommunalen noch kirchlichen Träger hat. Findefux hat die staatliche Anerkennung als autonome Inlands-Adoptionsvermittlungsstelle. Findefux arbeitet bundesweit.


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Wusstest Du eigentlich, woran es lag, dass Du nicht schwanger wurdest?


Nein und das war das Schlimmste daran. Es schien ein medizinisches Problem zu geben, das uns aber keiner attestieren konnte. Es wäre einfacher gewesen, wenn wir gewusst hätten, dass einer von uns ein gesundheitliches Problem hat. Denn so gab es immer diesen letzten Funken Hoffnung.


Aber dann kam ja der Anruf...


In Tokio. Eine Nummer, die ich nicht abgespeichert hatte, auf meinem Display. Ich nahm nicht ab, wir waren ja in Japan. Als die gleiche Nummer bei meinem Mann anrief, dachten wir, dass vielleicht etwas passiert war und nahmen ab. Und dann kam dieser unglaubliche Aussage: "Wo sind Sie denn? Sie sind von einer Mutter ausgesucht worden, in 5 Tagen soll die Geburt des Kindes stattfinden". Wir setzten uns aufs Hotelbett. Tränen liefen. Wir standen unter Schock. Ich kann bis heute nicht sagen, was wir unserer Ansprechpartnerin bei Findefux geantwortet haben. Sie redete lange, merkte aber, dass wir nicht bei der Sache waren. Dann stockte sie und sagte, dass wir wohl lieber am nächsten Tag weitersprechen sollten. Wir stiegen sofort in den Flieger zurück nach Deutschland.


Ihr musstet Euch entscheiden, ob Ihr die Adoption immer noch wolltet?


Ja, aber wir haben sofort zugesagt. Wir hatten fünf Tage bis zur Geburt. Ich habe immer Flugangst, doch diesmal merkte ich davon gar nichts. Ich war voller Freude und nur damit beschäftigt, zu begreifen, was gerade passierte. Die Information war so groß, dass es mir bis heute schwer fällt zu sagen, wie man das Ganze überhaupt erfassen kann. Dann schaltete mein Körper in den Lösungsmodus: Ich machte eine Liste, an was wir von Maxicosi über Hebamme bis Erziehungsurlaub alles denken mussten.


Keine Angst vor der plötzlichen Verantwortung?


Keine Sekunde. Die einzige Panik, die bei uns aufkam, war die, dass die Mutter es sich noch einmal anders überlegen würde. Die Angst hatten wir bis zum Ende der ersten acht Wochen. Denn erst dann kann die Mutter zum Notar gehen und die Freigabeerklärung unterschreiben. Es gibt einige Adoptionsvermittlungen, in denen das erst später geschieht. Das wussten wir. Diese Panik begleitete uns, bis endlich die Nachricht des Notars kam, dass Benedikt* bei uns bleiben konnte.


Wie fühltest Du Dich, als Du Benedikt das erste Mal im Arm hieltest?


Ich war sofort Mutter. Vom ersten Moment an konnte ich mir für mein Leben nichts anderes mehr vorstellen. Alles fühlte sich ganz normal an. Als würden wir schon immer zusammengehören.


Erinnerst Du noch Deinen ersten Satz an Deinen Sohn?


"Benedikt, da bist Du ja endlich!"


Wie hat sich Euer Leben mit ihm verändert? 


Wir hatten auch vorher ein schönes Leben, aber es war wie hinter einem grauen Schleier. Alles war gut, der Erfolg im Beruf stimmte, das Geld war da. Aber es fehlte uns etwas Sinngebendes. Benedikt gibt unserem Leben mehr Licht, mehr Freude.


Wie hat Dein Arbeitgeber reagiert?


Meine Chefin hat sich nur gefreut, obwohl es eine enorme Herausforderung für sie war. Sie hatte die ganzen Jahre mit uns durchlebt und machte es mir daher leicht, zwei Tage später mit gutem Gewissen für ein Jahr in Elternzeit zu gehen.


Hat Euch das Elternwerden als Paar verändert?


Ja, es ist eine Herausforderung. Die gesamte Kinderwunschphase hatte uns sehr zusammengeschweißt. Wir haben uns nie gegenseitig die Schuld gegeben, dass es nicht klappte – im Gegenteil: Wir rückten noch näher aneinander. Und plötzlich war Benni da, der Ansprüche an uns hatte. Plötzlich stand der Partner nicht mehr im Mittelpunkt, sondern unser Kind, dem jeder von uns seine ganze Liebe gab. Wir mussten uns als Paar neu definieren. Neu zusammenwachsen. Unsere Zeiten finden. Aber das geht wohl allen frischgebackenen Eltern so – und lief ganz gut bei uns.


Was möchtest Du Frauen mitgeben, die einen unerfüllten Kinderwunsch haben?


Lasst nichts unversucht, was sich für Euch gut anfühlt! Wenn man wirklich ein Kind möchte, sollte man alles versuchen. Denn bei den Paaren, die wir in den Adoptionsgruppen kennenlernten und die nicht bereit waren alles zu geben klappte es auch nicht. Einige nahmen sich dann einen Hund, andere trennten sich. Aber bei denjenigen, bei denen wir spürten, dass sie alles für ein Kind geben würden, die sind dann auch auf irgendeinem Weg irgendwann Eltern geworden.


Wie blickst Du heute auf die acht Jahre Kinderwunsch zurück?


Mit einem Lächeln. Wir haben uns viele Jahre sehr gequält. Ich auch aufgrund der Hormone, der Stimmungsschwankungen und Depressionen. Ich hätte damals nie gedacht, dass ich auf diese schlimme Zeit mit einem Lächeln zurückschauen würde. Heute kann ich das. Ich weiß, wofür das alles war. Jede einzelne Hormonspritze hat sich gelohnt. Und am Ende bin ich sehr froh, dass die künstliche Befruchtung nicht geklappt hat: Denn sonst hätten wir unseren kleinen Benni nicht…!

*Namen von der Redaktion geändert.




09.11.2016 | Westdeutsche Allgemeine Zeitung



Bochumer Verein Findefux hilft Familien bei der Adoption



Seit zehn Jahren führt der Verein Kinder und Eltern zusammen. 20 Säuglinge fanden so ein Zuhause. Bundestagspräsident schätzt die Vermittlungsarbeit. 


Von Nadja Juskowiak


Das ganz große Glück: Ein Junge ist geboren und seine Eltern sind von Herzen froh. Alles ist in Ordnung und doch hat die Geschichte einen kleinen Haken. Paul* ist nicht ihr leibliches Kind. Seine Mutter übergab ihr Neugeborenes entschlossen in die Arme der Menschen, die sie selbst mit ausgesucht hat. „Das war natürlich ein hochemotionaler Moment. Sie wollte auch nicht sprechen, sondern nur dabei sein. Wir haben alle geweint“, schilderte Barbara Wiedemann. Die 55-Jährige arbeitet ehrenamtlich bei der Adoptionsvermittlung Findefux. Die leibliche Mutter übernachtete bei Wiedemann, bevor ihr Sohn im Krankenhaus heimlich zur Welt kam.


Der Verein Findefux feierte dieser Tage sein zehnjähriges Bestehen. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert stattete dem Team rund um Christine und Rüdiger Bredendiek einen Besuch ab. Lammert ist selbst Vater von zwei leiblichen und zwei Adoptivkindern. Er hat Findefux in den Anfängen geholfen, die amtlichen Hürden bis zur staatlichen Anerkennung zu überwinden, was „ein zäher Kampf“ gewesen sei, so Lammert.


Leibliche Mütter erhalten Informationen über die Bewerbereltern


Für gewöhnlich werden Kinder in Deutschland in kirchlicher oder staatlicher Trägerschaft an Adoptiveltern vermittelt. Eine Adoptionsvermittlung für das Inland in privater Trägerschaft war bis dato nicht vorgesehen. „Adoption ist ein Thema, das offenkundig wichtig ist. Es betrifft Menschen, die sich existentielle, vitale Fragen stellen, die sie nicht alleine lösen können“, sagte Lammert in seiner Geburtstagsansprache.


Auch Laura P.* (43) und ihr Mann setzten sich einige Jahre mit ihrem unerfüllten Kinderwunsch auseinander. Wiederholte Kinderwunschbehandlungen schlugen fehl, eine Auslandsadoption in Kolumbien stagnierte, wegen politischer Probleme. Durch Zufall erfuhr das Paar dann von Findefux. „Was uns gut gefallen hat ist, dass hier nicht einfach eine Checkliste abgearbeitet wird, sondern sehr darauf geschaut wird, ob die Menschen in der Lage sein werden, ein Kind großzuziehen“, so Laura P. Die leibliche Mutter kann Wünsche äußern und erhält Bilder und Informationen über die Bewerbereltern, dann entscheidet sie sich. 


Findefux-Kinder sind bei der Geburtstagsfeier dabei


Als Regina Holtmann von Findefux wegen eines Babys bei Laura P. anrief, war das Paar gerade in Tokio. „Mir sind sofort die Tränen runtergelaufen“, schilderte sie. Paul wird mit dem Wissen groß werden, dass seine „Bauchmama“ es gut mit ihm meinte und ihn darum zu seinen neuen Eltern gegeben hat. Heute ist er anderthalb Jahre alt und rennt bei der Findefux-Geburtstagsfeier übermütig durch die Gänge. Laura P. läuft hinterher und breitet immer wieder ihre Arme aus, wenn er zu stürzen droht. Beide sehen glücklich aus.

(* Namen von der Redaktion geändert)



08.07.2008 | Süddeutsche Zeitung


„Wie wenn man stirbt”

Mütter, die ihr Kind zur Adoption freigeben, werden als Versagerinnen geächtet und leiden meist ein Leben lang unter der Trennung


Von Charlotte Frank 


Das also war das Wunder, von dem alle erzählt hatten. Warm und zerknautscht lag es in ihrem Arm und atmete und nuckelte an seinen Fingern und lebte: ihr Sohn. Als er sie anblinzelte und mit winzigen Händen nach ihr griff, flüsterte sie ihm zu, dass sie ihn nicht mehr hergeben würde, nie mehr. Kurz darauf musste Eva Jahn sich von ihrem Baby trennen. Die Schwestern nahmen es mit, das Kind schrie, für die Mutter schrie die ganze Welt.


„Die Adoptiveltern holten ihn schon am nächsten Tag ab, so hatte ich es mir für mein Kind gewünscht”, erzählt sie, hebt die Kaffeetasse zum Mund und trinkt dann doch nicht, als hätte sie den Kaffee schon wieder vergessen über die Erinnerung an den Abschied. Sie hat die glückliche Familie damals zum Parkplatz begleitet, für ein Foto in die Kamera geblickt, dann dem Auto hinterher. Seit diesem Moment vor zwei Monaten befindet sie sich im freien Fall, sagt Jahn, die ihren richtigen Namen nicht nennen will. Dann endlich nimmt sie einen Schluck Kaffee.


Sie hatte vorgeschlagen, während des Gesprächs in der Bochumer Adoptionsvermittlungsstelle „Findefux” zu frühstücken, aber dann hat sie gar keinen Hunger, raucht nur und trinkt Kaffee, sitzt kerzengerade da, raue Stimme, müde Augen, ein fast magerer Körper. Eva Jahn hat ihr Kind zur Adoption gegeben – aus Überforderung, ihr fehlt die Kraft.


Es gibt nur noch wenige Frauen wie sie in Deutschland, die sich aus freien Stücken zu so einem Schritt entscheiden. Im Jahr 2006 zählte das Statistische Bundesamt – abzüglich der Verwandtschafts-, Stiefkind- und Auslandsadoptionen – gerade einmal 829 Kinder unter drei Jahren, die an eine neue Familie abgegeben wurden. Ein Großteil von ihnen nicht freiwillig, sondern nach Einschreiten des Jugendamts. Insgesamt ist die Zahl der Adoptionen in zehn Jahren um 37 Prozent gesunken, gleichzeitig wollen immer mehr Paare ein Kind adoptieren. Inzwischen kommen auf jedes Kind zehn Bewerber.


Schläge für die Supernanny


Dieses Missverhältnis liegt nicht nur daran, dass ungewollte Schwangerschaften nur noch selten vorkommen und dass, wenn doch, Abtreibung heute für viele ein Ausweg ist. 2006 entschieden sich dafür 32 800 Frauen. „Sein Kind zur Adoption zu geben ist gesellschaftlich verpönt”, sagt Christine Swientek, Adoptionsforscherin und emeritierte Professorin für Erziehungswissenschaften in Hannover. „Man gibt sein Baby nicht weg”, laute die Regel. Wer es doch tut, gelte als Monster, als Egoistin oder Versagerin. Adoptiveltern genießen dagegen das Image von Wohltätern, die ein armes Kind vor der Rabenmutter retten. Soweit die Vorurteile.


Die Wirklichkeit sieht meist anders aus, aber nach der, sagt Eva Jahn, fragt ja keiner. „Stattdessen erklärt mir jeder, dass ich das schon irgendwie geschafft hätte mit Kind”. Zum Beispiel die Krankenschwester im Kreißsaal: „So etwas kann eine Mutter doch nicht übers Herz bringen”, hat die gesagt.


Als würde sich Eva Jahn nicht selbst schon genug mit solchen Zweifeln quälen. „Ich bereue die Adoption nicht, mein Sohn hat es so besser”, meint sie. Und: „Er ist ja nicht mein Eigentum, das ich behalten darf, um selbst nicht traurig zu sein”. Ihr Verstand weiß das alles. Aber dann sind da noch ihre Gefühle, die immer wieder Oberhand gewinnen, da kann sich der Verstand noch so sicher sein. „Ich habe keine Reserven mehr, um einem Kind gerecht zu werden”, sagt Jahn. Sechs Jahre lang hat sie neben ihrem Job als Buchhalterin bis zur Selbstaufgabe ihre demente Mutter und den nierenkranken Vater gepflegt. Kein Tag begann nach fünf Uhr morgens, es gab kein Wochenende, keine Ferien, keine Hilfe.


Als zuerst die Mutter und kurz darauf ihr Vater starb, war auch Jahn am Ende. Isoliert, abgekämpft, aufgebraucht – und im sechsten Monat schwanger. Sie hatte die Gewichtszunahme auf den Stress geschoben und das Ausbleiben der Periode auf ihr Alter, 41 Jahre. Eine Abtreibung kam nicht mehr in Frage.


„Fast alle Schwangeren, die eine Adoption in Erwägung ziehen, sind über den Gedanken an Abtreibung hinaus, aus Notwendigkeit oder aus Überzeugung”, sagt Patrizia Pawlik von der Adoptionsvermittlungsstelle „Findefux”. Die Sozialarbeiterin kämpft seit Jahren für mehr Anerkennung für abgebende Mütter. „Das sind meist sehr reflektierte Frauen, die sich viele Gedanken über die Bedürfnisse eines Ungeborenen machen und sich fragen, ob sie diesen gerecht werden können”, sagt sie. In Zeiten, in denen das Jugendamt fast täglich verwahrloste Kinder aus ihren Familien holen muss, in denen überforderte Eltern ihre Babys dramatisch vernachlässigen und die Supernanny auf dem Bildschirm von vierjährigen Marvins verhauen wird, ist das nicht selbstverständlich.


Es ist auch nicht selbstverständlich, dass Frauen das Kindeswohl über ihr eigenes Mutterglück stellen, aber genau das tun Patrizia Pawlik zufolge Schwangere, die sich für die Freigabe ihres Kindes entscheiden. Danach leiden sie ein Leben lang unter der Trennung.


Dabei hat sich in der Praxis schon einiges getan. Seit den achtziger Jahren hat sich die „halboffene Adoption” etabliert, bei der die Mütter die neuen Eltern selbst aussuchen und über die Vermittlungsstelle mit ihnen in Verbindung bleiben können. Zudem gibt es den Weg der „offenen Adoption”, bei der die leibliche Mutter, das Kind und die Adoptiveltern in regelmäßigem Kontakt stehen. „Das beugt falschen Erwartungen und bohrender Ungewissheit vor”, erklärt der Mainzer Psychologe Hans-Jürgen Stapelmann. Von anonymen „Inkognito-Adoptionen” hingegen wisse man, dass die schmerzhaften Fragen nie aufhörten.


„Wie sieht sie aus? Wie geht es ihr? Wie groß ist sie?”, mit diesen Zweifeln hat die Duisburgerin Maike Runge 19 Jahre lang gelebt, bis sie ihre Tochter das erste Mal sehen dufte. Bis dahin war alles, was sie von ihr hatte, die Erinnerung an einen Schrei, gleich nach der Entbindung. Dann verboten die Adoptiveltern den Kontakt. 30 Jahre ist das her, aber Runge – auch sie heißt eigentlich anders – fühlt noch immer die gesellschaftliche Missbilligung, die auf ihr lastet, weil sie ihre eigene Tochter weggegeben hat. Dabei war sie damals erst zwölf Jahre alt, ein Kind, das ein Kind bekam. „Der Freund meiner Mutter hat mich vergewaltigt, seit ich acht war. Mit elf wurde ich schwanger”, sagt sie, ihre Tapferkeit wirkt trotzig.


Mutterseelenallein

 
Sie hat sich durchgekämpft, sie hat heute einen liebevollen Mann, ein Haus mit Garten und eine Terrasse voller Blumen und Spielzeug. Sie blinzelt in die Sonne, versucht ein Lächeln und erklärt, dass sie nach den Verletzungen ihrer Kindheit nicht mehr schwanger werden kann. Ihr Mann und sie haben drei Pflegekinder aufgenommen und den eigenen Babywunsch begraben. Das ist natürlich längst keine so schöne Geschichte wie die des kinderlosen Paares aus Runges Nachbarstadt, das damals ihr Baby aufnahm; ihm eine Familie und ein Pferd und Sicherheit gab. „So etwas passt besser in unser verkitschtes Mutterbild”, spottet die Hannoveraner Professorin Swientek. Die andere Seite der Adoption dagegen schweige man tot, sie ist ja auch tragisch und einsam und erzählt von einem zerplatzten Lebenstraum, und wer will das schon hören?


In Bochum am Frühstückstisch möchte Eva Jahn ihren zerplatzten Traum trotzdem noch loswerden. „Früher wollte ich immer eine Fußballmannschaft voll Kinder, wollte verheiratet sein und auf einem Bauernhof leben”, erzählt sie. Das alles fiel ihr wieder ein, als sie vor zwei Monaten aus dem Krankenhaus nach Hause kam, in die leere Wohnung. „Mein ganzes Leben zog nach der Adoption vor meinem inneren Auge vorbei, wie wenn man stirbt”, sagt sie. Da bemerkte sie erst, was alles nicht geklappt hatte, wie viel schief- gegangen war, die ganzen kaputten Illusionen: Kein Bauernhof, sondern eine Wohnung im Ruhrgebiet. Kein Mann, sondern nur Liebe ohne Gegenliebe. Keine Fußballmannschaft – sondern nur eine Mutter ohne Kind, mutterseelenallein.



26.08.2008 | Süddeutsche Zeitung


Der Trend zur Pflegefamilie


In Deutschland geht die Zahl der Adoptionen kontinuierlich zurück 

Die Zahl der Adoptionen in Deutschland ist auf einem historischen Tiefstand angekommen. Im Jahr 2007 haben die Deutschen laut Statistischem Bundesamt nur noch 4509 Kinder adoptiert und damit fünf Prozent weniger als im Vorjahr. Im Vergleich zum Jahr 1993 ist die Zahl sogar um 48 Prozent eingebrochen. Jochem Kotthaus von der Bochumer Adoptionsstelle Findefux versucht, den Abwärtstrend zu erklären.

SZ: Herr Kotthaus, nicht genug damit, dass in Deutschland die Geburtenrate zu niedrig ist – die Deutschen adoptieren auch immer seltener. Will einfach keiner mehr Kinder haben?

Kotthaus: Zumindest bei den Adoptionen ist das Gegenteil der Fall: Es gibt deutlich mehr Eltern, die ein Kind annehmen wollen, als Kinder, die zur Adoption gegeben werden. Im vergangenen Jahr lag das Verhältnis bei eins zu zehn.

SZ: Wenn aber der Adoptionswunsch vieler Paare ungebrochen ist, warum sinkt dann die Zahl der Vermittlungen so stark?

Kotthaus: Darüber kann man nur spekulieren. Der naheliegendste Grund ist, dass die Zahl der Adoptionen dem bis vor kurzem rückläufigen Trend der Geburten gefolgt ist. Anders ausgedrückt: Wenn weniger Kinder geboren werden, können weniger freigegeben und adoptiert werden.

SZ: Und das erklärt einen Rückgang von 48 Prozent innerhalb von 14 Jahren?

Kotthaus: Nein, es gibt mehrere Erklärungsansätze. Entscheidend könnte auch sein, dass werdenden Müttern in den Jugendämtern immer mehr zur Unterbringung in Pflegefamilien geraten wird.

SZ: Weil dieser Schritt nicht so endgültig ist wie eine Adoption?

Kotthaus: Zum einen deshalb, ja. 2007 wurden gerade mal sieben von 4509 Adoptionen in Deutschland rückgängig gemacht. Dies ist im Wesentlichen nur aus streng formalen Gründen möglich. Dahingegen werden jährlich etwa 10 000 Kinder an Pflegefamilien gegeben – und im gleichen Zeitraum fast ebenso viele Pflegeverhältnisse beendet.

SZ: Die Unterbringung in der Pflegefamilie verdrängt also die Adoption?

Kotthaus: Jedenfalls gibt es einen klaren Trend zur Pflegefamilie. Das könnte auch mit der Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes zu tun haben, durch das 1991 die Elternrechte in der Jugendhilfe gestärkt wurden. Seitdem haben die Eltern bei der Unterbringung in Pflegefamilien
deutlich mehr Mitsprache. Das macht diesen Weg attraktiver.

SZ: Könnte der Abwärtstrend bei den Adoptionen auch mit dem negativen Bild zu tun haben, dem sich abgebende Mütter oft ausgesetzt sehen?

Kotthaus: Mit Sicherheit. Die öffentliche Meinung arbeitet gegen die Adoptionen: Frauen, die diesen Schritt gehen wollen, müssen gegen enorme Vorurteile ankämpfen. Auch wenn sie in aller Regel zum Besten ihres Kindes handeln und den ,schweren Weg‘ wählen, gelten sie als Rabenmütter und müssen sich gegen Kommentare wehren wie: ,Das hättest du schon irgendwie geschafft‘. Das hält viele davon ab, ihr Kind abzugeben.

SZ: Während die Zahl der Adoptionen insgesamt sinkt, gibt es immer mehr Auslandsadoptionen. Wie passt das zusammen?

Kotthaus: Eltern, die sich um ein Kind aus dem Ausland bewerben, haben deutlich höhere Erfolgschancen. Damit wird diese Methode immer beliebter.

SZ: Großer Popularität erfreut sich auch die umstrittene Privatadoption: Da werden Kinder im Ausland nach dort herrschendem Recht adoptiert und tauchen mit dieser Methode gar nicht erst in der deutschen Statistik auf. Könnte die Zunahme der Privatadoptionen auch ein Grund für den aktuellen Rückgang sein?

Kotthaus:
Da die genaue Zahl dieser Adoptionen nicht bekannt ist, lässt sich das schwer sagen, aber es kann schon sein. In diesem Fall würde die Zahl der Adoptionen gar nicht so sehr sinken, wie es in der Statistik zu sein scheint – nur würden die vom Jugendamt überwachten Vermittlungen durch die Privatadoptionen ersetzt. Das wäre eine bedrohliche Verlagerung, denn das Wohl der Kinder bei Privatadoptionen ist kaum zu kontrollieren.

Interview: Charlotte Frank



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